Herzlich willkommen zum Konzert des Sinfonieorchesters Opus125!
Musik erzählt Geschichten. Musik trägt die Zeit in sich, in der sie komponiert wurde – ihre Träume, ihre Erlebnisse, ihre Vorstellungen. In diesem Konzert stehen märchenhafte Stoffe, sagenhafte Helden und fantastische Welten im Mittelpunkt – ein Streifzug durch vier Jahrhunderte Musikgeschichte, in denen sich Literatur, Mythos und Klang auf immer neue Weise begegnen.
Mit Werken von Telemann, Mendelssohn, Grieg und Nielsen widmet sich das Sinfonieorchester Opus125 der großen Erzählkunst der Musik: Vom barocken Augenzwinkern über romantische Träumereien bis zur farbenreichen Bühnenmusik des 20. Jahrhunderts. Dabei wird deutlich: Musik ist nie nur Klang. Sie ist Ausdruck ihrer Zeit – sie entsteht aus gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen, aus persönlichen Erfahrungen und kollektiven Vorstellungen. Wer Musik hört, hört auch den historischen Moment, in dem sie entstanden ist. Dieses Konzert lädt dazu ein, den Geschichten nicht nur musikalisch zu folgen, sondern sie im jeweiligen Kontext zu begreifen – und im Hier und Jetzt neu zu deuten.
Die szenografische Umsetzung einzelner Konzertteile sowie die partizipativen Workshops im Vorfeld sind Ausdruck eines künstlerischen Anspruchs, der über das reine Musizieren hinausgeht – hin zu einer ganzheitlichen, erfahrbaren Begegnung mit Musik. Das Publikum ist eingeladen, sich nicht nur hörend, sondern auch assoziativ und visuell auf diese Werke einzulassen.
Ein besonderer Dank gilt unseren Förderern, die dieses Projekt ermöglichen:
der Elfriede-Kürble-Stiftung, dem Verein der Freunde und Förderer der Musik e.V., dem Landesmusikrat NRW sowie der Volksbank Mönchengladbach. Ihr Engagement für kulturelle Teilhabe und musikalische Bildung ist ein unverzichtbarer Beitrag für unsere Arbeit.
Märchen und Sagen als musikalische Erzählräume
Alle Werke des Programms vereint die künstlerische Auseinandersetzung mit Märchen, Mythen und sagenhaften Erzählungen. Diese Stoffe – sei es aus der Literatur oder der Volkskultur – regen seit jeher Komponist:innen dazu an, Klang in Erzählung zu verwandeln. Die Musik wird zur Bühne für Fantasiegestalten, für scheiternde Helden, verwandelte Liebende und magische Orte.
Ob Telemanns ironischer Don Quixote, Mendelssohns poetischer Elfenwald, Griegs suchender Peer Gynt oder Nielsens farbenprächtiger Orient – in allen Werken geht es um mehr als nur Geschichten: Es geht um das Träumen, das Verlieren und Wiederfinden, um Menschliches in überhöhten Bildern.
Georg Philipp Telemann (1681–1767)
Suite „Burlesque de Quixote“ (1730)
Ouverture – Le Réveil de Quichotte – Son Attaque des Moulins à Vent – Les Soupirs amoureux après la Princesse Dulcinée – Le Couché de Quichotte
Georg Philipp Telemann, einer der vielseitigsten Komponisten des Barock, schuf mit seiner Suite Burlesque de Quixotte ein frühes Beispiel für erzählende, programmatische Orchestermusik. Inspiriert von Miguel de Cervantes’ weltberühmtem Roman Don Quijote, überträgt Telemann zentrale Episoden des Ritters von der traurigen Gestalt in musikalische Bilder – mal augenzwinkernd, mal zärtlich verspielt.
Die Suite beginnt mit einer Ouvertüre im französischen Stil, bevor Don Quijote Abenteuer in musikalischen Szenen lebendig werden: Sein Erwachen als Ritter, der dramatische Kampf gegen die Windmühlen, seine sehnsuchtsvollen Gedanken an Dulcinea und schließlich seine Rückkehr zur Ruhe. Telemann gelingt es, mit barocker Eleganz und feinem Humor den Grenzgang zwischen Fantasie und Realität zu illustrieren – genau wie Cervantes, der in seiner Geschichte die Macht von Träumen, aber auch ihre Tragik zeigt.
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)
Ein Sommernachtstraum, op. 61 – Nocturne (1843)
Felix Mendelssohn war ein Wunderkind der Romantik, das Literatur und Musik meisterhaft verband. Bereits als Jugendlicher komponierte er 1826 die berühmte Ouvertüre zu Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum, die er 1843 auf Wunsch des preußischen Königs um eine vollständige Bühnenmusik ergänzte. Das zarte Nocturne ist Teil dieser späteren Komposition.
Als musikalisches Zwischenspiel zwischen zwei Akten begleitet das Nocturne die zauberhafte Traumwelt des nächtlichen Elfenwaldes. Mit seinen weichen Hörnern, schwebenden Holzbläsern und lyrischen Melodiebögen fängt es die Atmosphäre magischer Ruhe ein – ein Klangbild zwischen Realität und Illusion, zwischen Liebesverwirrung und poetischer Klarheit.
In Shakespeares Komödie herrscht ein zauberhaftes Chaos zwischen Liebenden, Elfen und Handwerkern. Das Nocturne, meist zwischen zwei Aktwechseln gespielt, reflektiert die Ruhe nach dem magischen Trubel, wenn Traum und Wirklichkeit ineinanderfließen. Mendelssohns Musik vermittelt die Atmosphäre einer mondhellen Nacht, in der sich das Unterbewusste zeigt – voller Sehnsucht, Verwirrung und Poesie.
Edvard Grieg (1843–1907)
Peer Gynt Suite Nr. 1, op. 46 (1874/76)
Morgenstimmung – Åses Tod – Anitras Tanz – In der Halle des Bergkönigs
Die Musik zu Peer Gynt, Henrik Ibsens dramatischem Gedicht über einen ziellosen Abenteurer, zählt zu den bekanntesten Werken Edvard Griegs. Die erste Suite vereint vier musikalische Episoden, die Grieg 1876 aus seiner umfangreichen Bühnenmusik zur Uraufführung von Ibsens Stück auswählte.
Die erste Suite versammelt vier besonders eindrucksvolle Stücke, die musikalisch das weite Spektrum von Peers Abenteuer illustrieren. In der Morgenstimmung begegnet das Publikum einem der berühmtesten musikalischen Naturbilder der Romantik. Mit Åses Tod folgt ein Moment schlichter Trauer und stiller Innerlichkeit. Anitras Tanz spielt mit rhythmischer Eleganz und exotischer Färbung, während In der Halle des Bergkönigs die Welt der Trolle musikalisch zum Beben bringt – ein stetiger Steigerungslauf in Dynamik und Tempo.
Peer Gynts Reise ist eine Märchenreise, aber auch eine psychologische: Sie zeigt die Flucht vor Verantwortung und die Sehnsucht nach Identität – ein Thema, das Grieg mit großem Farbenreichtum und emotionaler Tiefe umsetzt.
Carl Nielsen (1865–1931)
Aladdin Suite, op. 34 (1918)
Orientalischer Marsch – Aladdins Traum und Tänze des Morgens – Hinduischer Tanz – Chinesischer Tanz – Markt in Isphahan – Der Tanz des Negers – Aladdins Heimkehr
Carl Nielsens Aladdin Suite entstand als Bühnenmusik zu Adam Oehlenschlägers dramatischer Bearbeitung des orientalischen Märchens. Nielsen, der als bedeutendster dänischer Komponist des frühen 20. Jahrhunderts gilt, schuf hier eine faszinierende Klangwelt, in der westliche Orchestertradition und “exotische” Klangfarben aufeinandertreffen.
Die Suite entfaltet musikalische Bilder wie den Orientalischen Marsch, den schwebenden Traum Aladdins, tanzende Szenen aus Indien, China und Persien sowie den dramatischen Tanz des Negers (eine historisch kontextualisierte Bezeichnung für eine rhythmisch energiegeladene Szene) bis hin zu Aladdins Heimkehr.
Nielsen gelingt es, die Atmosphäre aus Märchen, Magie und Sinnesfreude in eine kraftvolle, vielfarbige Orchestersprache zu übersetzen. Das Werk steht exemplarisch für den Blick des europäischen Musiktheaters auf das “Fremde” – und zeigt zugleich, wie das Märchenhafte als Projektionsfläche für Wünsche, Ängste und Sehnsüchte dient.
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